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Sven Mildner - Neuinterpretation der Germania Magna des Claudius Ptolemy - EVROPA TABVLA QVARTA – Quarta Europe Tabula continet Germaniam cum insulis sibi adiacentibus. Die Karte zu ''Magna Germania'' aus der im Original griechisch verfassten ''Geographike Hyphegesis'' des in Alexandria wirkenden Claudius Ptolemaios

Anmerkungen zur Geografie der Germania Magna

a. Anmerkung zur Bezeichnung “Vistula Fluvius”:

Möglicherweise wurde die griechische Bezeichnung Οὐστούλα (Oustoúla) ursprünglich aus dem Lateinischen (also von den Römern) übernommen, könnte aber auch ältere Wurzeln in der keltischen Sprache haben oder gar in der Jastorf Kultur.
Im Lateinischen ist das Wort ustula der Imperativ von ustulō und hat die Bedeutung “etwas verbrennen”, “etwas versengen” oder auch, “etwas mit Feuer verzehren” – hier aber als Aufforderung an jemanden oder etwas zu verstehen, er solle etwas ankokeln oder zum Schwelen bringen.
Wahrscheinlich besteht hier auch ein engerer Zusammenhang mit der Metallgewinnung (speziell dem Köhlern), worauf insbesondere auch die englische Wortverwandtschaft mit “ustulate” hindeutet – als Adjektiv im Sinne von “geschwärzt” oder “wie verbrannt” (sein), und als Verb direkt auch zur Bezeichnung für das “Brennen oder Rösten von Erzen” (eigentlich zwei unterschiedliche Vorgänge).

Die Benennung des Flusses bezog sich ursprünglich also sehr wahrscheinlich auf das Schwelen lassen von Holz, bzw. direkt auf das Schwelfeuer (engl. “smouldering fire“), wie es in einem Kohlenmeiler entfacht wird, um Holzkohle für den Rennofen herzustellen. Als entsprechende Verwechslungsmöglichkeit ist es im Englischen aber auch auf den nachfolgenden Verhüttungsprozess bezogen, bei dem die Holzkohle eigentlich (nur) noch als Brennstoff dient (ustulate im Englischen als Verb, daher fälschlicherweise nicht im Sinne von etw. (das Feuer) “schwelen lassen” oder in Bezug auf das “Köhlern“, sondern – im Gegenteil, unter starker Flamme und maximaler Sauerstoffzufuhr! hier vielmehr auf eine (mehr oder weniger beliebige) Beispielanwendung der zuvor gewonnen Holzkohle bezogen). Das Adjektiv bezieht sich im Gegensatz dazu, auf die Farb- und Brenneigenschaft der Holzkohle (die also zwar schwarz ist, aber eben trotzdem noch brennbar, ustulate im Englischen als Adjektiv).

In diesem Zusammenhang ist das Wort “pyrolysieren” (von Pyrolyse) wahrscheinlich eine moderne Entsprechung für eigentlich den selben, wahrscheinlich durch “ustulō” schon früher beschriebenen Vorgang, wobei hier möglicherweise auch vom “Verkoksen” oder vom “Karbonisieren” gesprochen wird.

Die heutige Bezeichnung “Schwarze Elster” für einen Teil des historischen Vistula Fluvius (Oustoúla) könnte daher noch immer eine Ableitung der ursprünglichen Landschaftsbeschreibung aus der Germanen- bzw. Römerzeit sein – also eine Beschreibung der Fluss- und Siedlungslandschaft und vermutlich auch von besonderen Auffälligkeiten, wie sie zum Beispiel ein fremder Besucher einprägsam vor Ort hätte wahrnehmen können (z.B. ein Kartograf oder ein römischer Militärangehöriger).

Vielleicht in etwa so, wie auf diesem KI-generierten Beispielszenario für ein germanisches Dorf, das an einem kleinen Nebenarm des Vistula Fluvius gelegen ist und Holzkohle für die Metallgewinnung produziert. Besonders in den Wintermonaten, wenn die Tage in der Germania Magna kurz sind und die Nächte kalt, sind Rauch und Feuer vermutlich eine sehr markante Erscheinung innerhalb der sumpfig-feuchten und von Raureif überzogenen Landschaft gewesen. Besucher aus dem entfernten Griechenland oder auch Händler auf der Durchreise, die vom Norden her kommen, um Bernsteinschmuck nach Rom zu bringen, sind vermutlich viel eher an ein warmes und mediterranes Klima gewöhnt und an ein städtisches Leben in einer größeren Metropole. Möglicherweise ergab sich hier in der Kälte ja eine beeindruckende Erfahrung für einen solchen Gast, der gleichzeitig auch als Übersetzer und Kartograf tätig gewesen sein könnte – und auch wenn es mit der Verständigung nicht ganz so einfach war, so hat man sich in dieser unwirtlichen Gegend, an einer der vielen Feuerstellen im Dorf, dann vielleicht trotzdem über dieses schwarze Holz zu unterhalten versucht, das so aussieht, als wäre es schon einmal verbrannt worden. Denkbar wäre es ja vielleicht gewesen, so wie es von überall her dampft und raucht. Der feuchte Nebel, der von den Wiesen her über das Feld zieht und schon fast den Wald komplett verhüllt, lässt es schließlich auch vermuten: Hier in dieser Gegend müsse eine Menge Feuer im Spiel sein. Unter diesem Fluss ja regelrecht kochen, wenn so viel Rauch nach oben steigt, um die Landschaft gänzlich zu verhüllen.

  1. siehe “The Geography of Claudius Ptolemy

🔊 Vistula Fluvius

Οὐστούλα (Oustoúla)

Deutsche Aussprache
Englische Aussprache
Französische Aussprache
Italienische Aussprache
Griechische Aussprache

etymologischer Exkurs:

Im Fluss von Worten:
Die Vistula im Dialog der Kulturen

Ein nicht ganz so ernstgemeinter Ausflug in die Geschichte Ost-Germaniens

(Finno-Ugrische Ausgabe)

Tämä gallialainen on oikeastaan työmuuttaja Gotlannista. Tämän joen varrella on verrattuna kylmempään pohjoiseen melko paljon hyttysiä, mutta täällä Kohlefix ansaitsee perustulonsa. Lisäksi puuhiilen kanssa työskentely on omalla tavallaan hyvin meditatiivista, kun tuli polttaa puuta niin hitaasti ja hiillos mustuttaa sitä vähitellen. (DALL-E Image)

Tämä gallialainen on oikeastaan työmuuttaja Gotlannista. Tämän joen varrella on verrattuna kylmempään pohjoiseen melko paljon hyttysiä, mutta täällä Havu Hiilivaara ansaitsee perustulonsa. Lisäksi puuhiilen kanssa työskentely on omalla tavallaan hyvin meditatiivista, kun tuli polttaa puuta niin hitaasti ja hiillos mustuttaa sitä vähitellen. Puuhiiltä käytetään luonnollisesti ensisijaisesti polttoaineena germaanien monilla kyläjuhlilla, joissa valmistetaan suuri määrä ruokaa koko heimolle ja joissa luonnollisesti myös juodaan paljon simaa. Kuvan vulgaarilatinisti oli kuitenkin kiinnostunut tästä mustasta puusta, joka näyttää jo palaneelta, aivan eri syistä. Rannikolta käsin roomalaiset näyttävät yhä useammin tekevän pieniä isku- ja tiedusteluretkiä syvälle metsiin.

Kun he häiritsevät Havu Hiilivaaraa hänen meditaationsa aikana, hän päättää savustaa koko seudun kunnolla, jotta roomalaiset eivät tiheän sumun keskellä enää näkisi herkynialaista metsää puilta. Loppujen lopuksi tässä metsässä asuvat myös yksisarviset, ja roomalaiset todennäköisesti veisivät ne vain mukanaan sirkukseen Roomaan esitelläkseen niitä yleisölle. Nämä vulgaarilatinistit ovat loppujen lopuksi raakalaisia, joilla ei ole mitään ymmärrystä näiden eläinten mystisestä olemuksesta. Vaikka roomalaiset aluksi kiinnostuvat vain tästä hiilestä, yksisarviset herättäisivät varmasti myös Caesarin ratsuväen kiinnostuksen.

Roomalaiset olivat joka tapauksessa syvästi vaikuttuneita ihmeellisistä olennoista, joita he näkivät vain hyvin ohikiitävästi metsissä. Roomassa puhkesi kuitenkin todellinen mania tämän mustan hiilen vuoksi. Roomalaiset itse kutsuivat sitä “mustaksi maniaksi” (korkealatinaksi “NIGER-MA-NIA”, vulgaarilatinaksi “GERMANIAE”). Roomalainen lääkäri kirjoittaa siitä sen jälkeen, kun Caesar mainitsi toistuvasti näistä yksisarvisista, jotka hän oli nähnyt hiilimetsässä:

Caesar plane maniacus factus est Vult ut unum ex illis unicornibus ex Hercynio carboneo silva capiatur Ei nigra omnia ante oculos videantur nec iam clare cogitare potest Haec est nigramania et certe aliquid ad barbaros pertinet
Est bos cervi figura cuius a media fronte inter aures unum cornu exsistit excelsius magisque directum his quae nobis nota sunt cornibus ab eius summo sicut palmae ramique late divunduntur Eadem est feminae marisque natura eadem forma magnitudoque cornuum Talia mihi dixit Caesar[2]

Jamuutamiavuosiamyöhemminjopaheidänkeisarinsaottivatitselleennimen
manianmukaanjostahekärsivätjajonkaalkuperäsaattoiollaostulassa[3]

Ja muutamaa vuotta myöhemmin jopa heidän keisarinsa nimittivät itsensä manian mukaan, joka heillä oli ja jonka alkuperä oli mahdollisesti Ostulassa.

  1. Hirt. Gal. 6.26.1
  2. siehe “Vulgärlatein | „Latein. Tot oder lebendig!?“ im Kloster Dalheim“, Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum (YouTube Video, 5:03 min)


Fazit: Möglicherweise ergibt sich somit also eine präzisere Ableitung für ustulō im Lateinischen: Im Zusammenhang mit der Herstellung und Verwendung von Holzkohle, jedoch nicht nur für die Metallgewinnung (Bezug zum Englischen, wie weiter oben bereits ausführlich dargelegt), sondern auch für rituelle Räucherungen (Bezug zum Griechischen, hier vmtl. als “kleines Räucherwerk” zu verstehen, vgl. auch Weihrauch). Aus dem Rumänischen ließe sich möglicherweise ableiten, dass die Landschaft an der Vistula zu jener Zeit besonders von Stechmücken geplagt gewesen sein könnte, als der Begriff (per)ustulo Einzug in die Sprache fand.

Hypothetisch denkbar für so ein Ereignis wäre beispielsweise ein Zeitraum in der (vorrömischen) Eisenzeitlichen Kälteperiode, etwa zwischen 900 und 300 vor Christus (siehe “W. Dansgaard et al. ,One Thousand Centuries of Climatic Record from Camp Century on the Greenland Ice Sheet. Science166, 377-381 (1969). DOI: 10.1126/science.166.3903.377“), mit möglicherweise kälteren Klimabedingungen als in der Kleinen Eiszeit des späteren Mittelalters. Der Bedarf an Brennholz nordischer Zivilisationen und Inselbewohner, die sich im Klimaoptimum zuvor, möglicherweise schon näher am Polarkreis – oder allgemein – in kälteren Gebieten angesiedelt haben, die von den klimatischen Effekten des Golfstroms nicht mehr so begünstigt sind, könnte infolge dieser Abkühlung hier eventuell nicht mehr ausreichend durch die lokal vorhandenen Baumbestände gedeckt gewesen sein, weshalb hier womöglich ein Import von Brennmaterial aus südlicheren Gegenden notwendig wurde. Holzkohle hat im Gegensatz zu Holz auch ein deutlich niedrigeres Volumengewicht, weshalb es für den Transport nach Norden, zunächst per Boot und später sicherlich auch zu Fuß, durchaus die bevorzugte Variante gewesen sein könnte. Bei entsprechender Interpretation der Karte bzw. der Aufzeichnungen des Ptolemaeus, könnte hier außerdem angenommen werden, dass die Sarmatischen Völker östlich der Germania Magna, ursprünglich eine enge Sprachverwandtschaft mit den finno-ugrischen Völkern, wie den Samen, hatten.

Natürlich handelt es sich hier um sehr spekulative Annahmen, die der etymologischen Herleitung von ustulō dienen sollen. Es wäre jedoch ein weiteres Indiz für das bereits vermutete Zusammentreffen und für den kulturellen Austausch von Angehörigen lateinischer (bzw. proto-lateinischer) und finno-ugrischer Sprachfamilien, die sich hier gegenseitig beeinflusst haben könnten. Vermutlich sogar schon in der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit), also mit dem Beginn der Nutzung von Holzkohle zur Eisengewinnung im Rennofenverfahren (an der geografischen Sprachgrenze zwischen den beiden Sprachfamilien).

Der Rennofen (bzw. der Einsatz des Blasebalgs zum Entfachen des Feuers aus der glimmenden Holzkohle) könnte in diesem Zusammenhang sinnbildlich für den von Ilmarinen geschmiedeten Sampo stehen, zumindest in einem kleineren Maßstab – in einem Weltlichen. Als Widerspiegelung kosmischer Kräfte, die sich in ihrer Gänze aber wohl unserer Vorstellungskraft entziehen.


zusätzliche Links und Medienverweise: